Wie ein Wohnklotz ein völlig neues Innenleben bekam
Drei Hochhäuser in Golzheim aus den 1950er Jahren stehen unter Denkmalschutz – und bieten hinter den Fassaden so manche Überraschung. Dafür galt es einige Herausforderungen zu meistern.
Sie galten mal als letzter Schrei der Architektur, die drei Hochhäuser in Golzheim, in Nachbarschaft zur Paracelsus-Klinik. Die massiven Blöcke, je acht Stockwerke hoch, setzen mit ihren großen Balkonen ein kompaktes Zeichen für den Wohnungsbau der 1950er Jahre. Das Ensemble steht heute unter Denkmalschutz und ist bei seinen Bewohnern – auch wegen der stadtnahen Lage – beliebt. Schön finden muss man sie nicht, interessant sind sie aber allemal, vor allem, da manche der Wohnungen ein komplett neues Innenleben verpasst bekamen.
„Immobilien sind heutzutage die beste Altersvorsorge“, findet Daniel Arndt. Der Mann ist 33 Jahre alt, Software-Entwickler und hat im vergangenen Jahr seine dritte Eigentumswohnung gekauft – diesmal in einem der Golzheimer Hochhäuser, Hoch-Parterre, knapp 80 Quadratmeter. Die Raumaufteilung entsprach Geschmack und Bedürfnissen der Fifties: kleine Zimmer, ein langer schmaler Flur, winzige Küche, Mini-Bad. Von Anfang an war klar, dass er selbst nicht einziehen würde, sein Plan: umbauen, einrichten – aber bitte vom Feinsten – und dann vermieten. Zum Beispiel an Menschen, die für eine Weile (vielleicht eine Projektlänge) in Düsseldorf bleiben.
Aber wie sollte sich die 50er-Jahre-Enge in ein großzügiges Wohngefühl verwandeln? Die Antwort lieferte die Architektin Susanna Maslankowski. Dank ihrer Erfahrung und mit einer kräftigen Prise Fantasie erkannte sie auf den ersten Blick das Potenzial der Wohnung, „auch wenn dafür raumgreifende Veränderungen notwendig waren“. Und die vielleicht größte Herausforderung zu lösen war: m einen Versorgungsschacht mitten in der Wohnung musste herumgeplant werden.
Das Ergebnis ist verblüffend: Küche und Bad, für das der Begriff „Nasszelle“ erfunden sein könnte, wurden zu einem großzügigen Wellness-Ort vereint – mit ovaler Wanne, separater Dusche und einer glänzenden sandfarbenen Fliesenwand aus italienischem Feinsteinzeug – ein Name, der die edle Wirkung nur unzureichend beschreibt. Die kleine Diele wurde zum Wohnraum geöffnet, der früher mit Sofas und Esstisch so möbliert war, wie es schon in den 1950er Jahren üblich war. Nun dominiert eine Küchenbar mit vier Hockern diesen Raum, der von zwei finnischen Designer-Leuchten in sanftes Licht getaucht wird. Sie wurden nach der Maxime der Architektin ausgesucht: „Nie an der Beleuchtung sparen.“
In einer relativ kleinen Sitzecke wäre bei dieser Aufteilung nicht genug Platz für Sofas gewesen. Also musste eine andere Lösung her: Eine Wand wurde mit Holzpaneelen (darunter schwarzer Filz als Dämmschutz) verkleidet, an denen nun ein schwenkbarer Fernseher hängt, der sich zu zwei voluminösen „Lümmel“-Sesseln drehen lässt. Auf die Frage, wohin mit der restlichen Kücheneinrichtung, fand die Architektin eine originelle Lösung: Sie unterbrach den langen Flur durch eine Zwischenwand, die nun spanische Retro-Kacheln zieren. In der entstandenen Nische finden Kühlschrank und Co. Platz, einschließlich Kaffeemaschine und türkisfarbener Toaster, exakt passend zu den Fliesen.
Nach der Schlussrechnung stand fest: Umbau und Einrichtung der Wohnung haben knapp 180.000 Euro gekostet – und acht Monate gedauert. Ursprünglich hatte Daniel Arndt deutlich weniger Zeit kalkuliert, aber Corona torpedierte immer wieder alle Pläne. Mal mussten Handwerker – es waren vor allem kleinere, lokale Betriebe im Einsatz – in Quarantäne, dann gab es Lieferschwierigkeiten mit Materialien. „So haben wir lange auf die Heizkörper gewartet“, erinnert sich Susanna Maslankowski. Was problematisch war, weil das geölte Eichenparkett empfindlich auf Winterkälte reagiert. Aber nun ist alles bereit für die künftigen Mieter: im Schlafzimmer ist das Bett mit feinem Leinen bezogen, daneben liegt griffbereit eine Biografie über Heinrich VIII. Auch der Blick auf den großen Balkon ist verlockend – ausgestattet mit Lounge-Möbeln, drei Pendelleuchten, die im Wind schaukeln und einer langen roten Tafel, an der sich nebeneinander Platz nehmen lässt – mit unverstelltem Blick ins Grüne. Und für den ersten lauen Abend liegt im Kühlschrank eine Flasche Füchschen parat. Nur wie hoch die Miete für dieses Rund-um-versorgt-Paket sein wird, muss Daniel Arndt noch genau kalkulieren. Nur so viel: „Wer hier wohnen wird, kann mehr Platz und Komfort als in einem Hotel erwarten – und wird dafür weniger bezahlen.“