Schaffen wir das?
Selbst Tapezieren oder Leitungen verlegen: Wer den Ausbau seines Fertighauses teilweise selbst übernimmt, kann Geld sparen. Allerdings drohen Fallstricke. Vor allem ein Faktor ist entscheidend.
Der Bau eines Eigenheims bringt oft einen finanziellen Kraftakt mit sich, an dem man noch viele Jahre zu tragen hat. Jede Einsparmöglichkeit ist da hochwillkommen. Wer sich für ein Fertighaus entscheidet, kann die Kosten womöglich senken, indem er Teile des Ausbaus selbst übernimmt. Doch der Schritt sollte gut überlegt sein und bedarf einer ehrlichen Selbsteinschätzung. „Üblicherweise werden Fertighäuser von den Herstellern auf dem Baugrundstück innerhalb weniger Tage schlüsselfertig aufgestellt“, sagt Fabian Tews vom Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF). Das Ausbau- oder „Mitmach“-Haus ist eine abgespeckte Alternative davon, bei der zukünftige Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer Teile der abschließenden Arbeiten selbst übernehmen. Wie ganz konkret die Aufteilung der Aufgaben zwischen Käufer und Haushersteller aussieht, wird vor Vertragsabschluss ausführlich besprochen und schließlich im Bauvertrag festgeschrieben.
Etwa jedes achte in Deutschland verkaufte Fertighaus ist ein Ausbauhaus. Das Einsparpotenzial beim Ausbauhaus lässt sich nicht generell beziffern. Denn der Gestaltungsrahmen für die Bauherren ist groß: Ihre Leistung kann sich auf einfache Tapezierarbeiten beschränken – sie können aber auch die komplette Sanitär- oder Elektroinstallation in Eigenregie übernehmen. In dem Fall beschränkt sich die Leistung der Hersteller auf die Vormontage der erforderlichen Leerrohre. „Der Käufer entscheidet selber, welche Arbeiten er übernehmen will. Dabei sollte er sich realistisch fragen, wie handwerklich geschickt er ist“, betont Branchensprecher Tews. Immer wieder kommt es vor, dass Bauherren und Bauherrinnen ihre Fähigkeiten und den erforderlichen Zeitaufwand falsch einschätzen. Bestimmte Arbeiten lieber Profis überlassen Hier sieht auch Bauherrenberater Stefan C. Würzner vom Bauherren-Schutzbund (BSB) ein Risiko: „Es ist schon ziemlich vermessen, wenn ein privater Bauherr Handwerksarbeiten übernehmen will, für die man aus gutem Grund eine Gesellen- oder Meisterprüfung ablegen muss“, sagt er und fügt an: „Man kann sich eben nicht kurz im Baumarkt oder bei Youtube erklären lassen, wie man korrekt eine Wasserleitung verlegt.“
Nach Würzners Überzeugung eignet sich das Konzept Ausbauhaus am ehesten für Menschen, die selbst handwerklich ausgebildet sind oder langjährige Erfahrung im Heimwerkerbereich haben. Oder man hat im Freundes- und Verwandtenkreis Leute mit entsprechender fachlicher Qualifikation, von denen man weiß: Die sind verlässlich und werden mir helfen, wenn ich um Unterstützung bitte.
Selbst Streichen kann sich lohnen
Ansonsten beschränken sich die Eigenleistungen in vielen Fällen auf den Innenausbau, also auf das Streichen, Tapezieren der Wände und das Verlegen des Fußbodens. Das kann sich auszahlen.
„In diesem Segment entfallen etwa 20 Prozent einer Handwerkerrechnung auf das Material und 80 Prozent auf den Lohn. Wer hier selbst malert, kann Kosten sparen“, sagt Würzner. Insgesamt liegt das Einsparpotenzial hier im niedrigen fünfstelligen Bereich. Weniger Kosten für die Handwerker gleich mehr Einsparung? Das ist nicht immer der Fall: „Viele zukünftige Hausbesitzer denken, je höher ihr Eigenanteil ist, desto niedriger sind die Baukosten. Doch dieser Teil der Rechnung muss nicht aufgehen“, sagt Würzner. Zwar mindert die Eigenleistung die Rechnung des Hauslieferanten. Dafür müssen die Bauherren Materialien wie Kabel, Armaturen oder Schalter relativ teuer im Baumarkt kaufen, weil sie nicht auf die Konditionen von Profi-Handwerkern im Fachgroßhandel zugreifen können.
Ausbaupakete haben ihre Tücken
Als Alternative bieten sich Materialpakete für einzelne Gewerke an, die viele Fertighaushersteller passgenau für ihre jeweiligen Modelle liefern. Doch auch hier kommen wenig erfahrene Bauherren schnell an ihre Grenzen, warnt Marc Ellinger vom Verband Privater Bauherren (VPB). Diese Ausbaupakete mindern nicht nur das Einsparpotenzial, sie sind auch so kalkuliert, dass sich die Do-it-yourself-Häuslebauer nicht allzu viele Fehlversuche erlauben dürfen. Immerhin beinhalten die Ausbaupakete ein Handbuch oder eine Arbeitsanleitung, viele Anbieter betreiben auch eine Service-Hotline für jene, die bei der Arbeitsausführung in die Bredouille kommen. Fehler können teure Konsequenzen haben, stellt Fabian Tews vom Fertigbau-Bundesverband klar: „Die Bauabnahme erfolgt, sobald der Fertighaushersteller seine Leistung erbracht hat, für diese übernimmt er auch die Gewährleistung.“ Für Mängel, die beim späteren Ausbau durch den Bauherren entstünden, hafte der Bauherr allein.
Zu den weiteren Kostenpunkten zählt Bauexperte Marc Ellinger den Aufwand der Bauherren für die zahllosen Fahrten zur Baustelle. Auch die Unfallversicherungen für freiwillige Helfer und die Bauherren selbst gehen ins Geld. Unterschätzter Aufwand als Problem Der größte Unsicherheitsfaktor beim Ausbauhaus bleibe aber der Mensch, sagt Bauherrenberater Stefan C. Würzner: „Viele angehende Hausbesitzer unterschätzen den zeitlichen und körperlichen Aufwand, der selbst in einem relativ einfachen Innenausbau steckt.“
Wenn dann noch Verletzungen, Krankheiten, unerwartete private oder berufliche Belastungen die Zeitreserven für die Ausbauarbeiten auffressen, erhöhen sich die Kosten und verschiebt sich der gewünschte Einzugstermin immer weiter nach hinten. „Daran können Beziehungen kaputtgehen“, warnt Würzner.
Für den Experten steht fest: „Wer sein ganzes Hausbau-Projekt von einem möglichst hohen Anteil an Eigenleistungen abhängig macht, sollte davon besser die Finger lassen.“ Sonst kann das Ausbauhaus schnell zum Alptraum-Haus werden.