Mein Haus auf fremdem Boden

Das deutsche Erbbaurecht verhilft seit über 100 Jahren vor allem Menschen mit wenig Eigenkapital zu Wohneigentum. Gerade erlebt das Vertragsmodell derzeit eine neue Blüte.

Angesichts steigender Mieten und Immobilienpreise ist das Erbbaurecht wieder in den Fokus gerückt. Denn Erbbau senkt die Kosten der Eigenheimfinanzierung. Was früher als „Besitz zweiter Klasse“ gewertet wurde, ist heutzutage vor allem bei knappem Eigenkapital eine interessante Alternative, um sich den Traum von der eigenen Immobilie erfüllen zu können. Der Bauherr muss nicht den hohen Betrag für den Kauf eines Baugrundstücks aufbringen; stattdessen zahlt er nur Zinsen. „Das Erbbaurecht kann gerade in Regionen mit hohen Grundstückspreisen eine Alternative zum Kauf sein“, sagt Sven Schüler von der LBS. „Schließlich bringt der geringere Kapitalbedarf Vorteile bei der Finanzierung.“

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Immer mehr Städte und Kommunen verkaufen ihre Grundstücke nicht mehr, sondern vergeben stattdessen Erbbaurechte. Zu den großen Erbbaurechtsgebern zählen Bund und Länder, Städte und Gemeinden, kirchliche Einrichtungen und Stiftungen. Aber im Prinzip kann jeder Grundstückseigentümer ein Erbbaurecht ausgeben, auch Privatpersonen oder Unternehmen.

„Beim Erbbaurecht wird das Eigentum am Grundstück vom Eigentum an der darauf stehenden Immobilie getrennt“, erläutert Dr. Matthias Nagel, Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbands. Ein Erbbaurechtsnehmer erwirbt also bei diesem Modell kein Grundstück, sondern lediglich das Recht, auf einem bestimmten Grundstück sein eigenes Haus zu kaufen oder zu bauen. Dafür zahlt er dem Eigentümer ein Entgelt, den Erbbauzins. Als Bemessungsgrundlage wird meist der Bodenwert herangezogen. Der durchschnittliche Erbbauzins für Wohnimmobilien liegt in Deutschland bei zwei bis sechs Prozent des Bodenrichtwertes pro Jahr. Fast alle Verträge sehen Zinsanpassungen während der Laufzeit vor.

Die Laufzeit ist gesetzlich nicht vorgegeben. In der Praxis werden die Verträge meist auf 60 bis 99 Jahre abgeschlossen und können beliebig oft verlängert oder erneuert werden. Das Erbbaurecht wird ins Grundbuch eingetragen und kann veräußert und auch vererbt werden. Auch wenn der Preis für das Grundstück entfällt, müssen andere Kosten mit einkalkuliert werden. Dazu gehören der Erbbauzins, laufende Kosten für das Grundstück, Steuern sowie Notar- und eventuell Maklergebühren.

Laut einer Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands laufen bei 22 Prozent der Erbbaurechtsgeber bis 2030 die Verträge aus. Der Verband rät daher den Erbbaurechtsnehmern, sich möglichst früh um eine Vertragsverlängerung zu kümmern. Spätestens fünf Jahre vor Vertragsende sollten Erbbaurechtsnehmer den Kontakt zu ihrem Vertragspartner suchen. Eine zweite Welle sei von 2040 bis 2060 zu erwarten.

Wenn die Verträge enden und nicht verlängert wurden, geht die Immobilie in das Eigentum des Erbbaurechtsgebers über. Der Erbbaurechtsnehmer enthält dann eine Entschädigung für sein Haus, die Höhe hängt vom jeweiligen Vertrag ab. Üblich sind 66 bis 75 Prozent des Verkehrswertes.