Zahl der Zwangsversteigerungen sinkt
Wegen der hohen Inflation und steigender Zinsen dürfte sich das Blatt im nächsten Jahr aber wenden. Dann werden sich manche womöglich die Finanzierung der eigenen vier Wände nicht mehr leisten können.
Die Zahl der Zwangsversteigerungen ist in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres erneut gesunken. Den Zahlen des Ratinger Fachverlags Argetra zufolge wurden von Januar bis Juni Verfahren für 6248 Objekte eröffnet, 184 weniger als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Jedoch stieg der Verkehrswert der Immobilien (Häuser, Wohnungen, Grundstücke) wegen höherer Preise von 1,42 Milliarden auf 1,66 Milliarden Euro.
Dass die Zahlen auch künftig runtergehen, glauben Experten aber nicht. „Eine schwache Konjunktur, sinkende Kaufkraft und hohe Inflation mit insbesondere stark steigenden Energie- und Mietpreisen werden im laufenden Jahr zu einem deutlichen Anstieg von Privatinsolvenzen führen“, schreiben die Argetra-Fachleute. Damit dürfte auch die Zahl der Menschen, die sich die Finanzierung der eigenen Immobilie nicht mehr leisten können, deutlich steigen. Zumal viele bei einer Anschlussfinanzierung deutlich höhere Zinsen als bisher in Kauf nehmen müssen. Wer beispielsweise noch 120.000 Euro tilgen muss, für den bedeutendrei Prozentpunkte höhere Zinsen zunächst eine Mehrbelastung von 300 Euro pro Monat. Da ist für manche irgendwann die Versteigerung das böse Erwachen aus dem Traum von der eigenen Immbilie.
Wer noch nie an einer Zwangsversteigerung teilgenommen hat, sollte dem Rat von Experten zufolge erst mal einige Male als Besucher an einer Auktion teilnehmen. Wichtig ist auch der Blick ins Grundbuch, weil man da sehen kann, ob irgendwelche Grundpfandrechte auf die Immobilien eingetragen sind und ob möglicherweise jemand für Haus oder Wohnung ein Wohnrecht hat. Ein Wertgutachten hilft dabei, einen realistischen Preis für die Immobilie zu finden und zu klären, wie hoch möglicherweise noch der Sanierungsbedarf für den Käufer sein könnte. Wobei ein solches Wertgutachten natürlich niemanden davon abhalten sollte, die Immobilie selbst in Augenschein zu nehmen. Das geht allerdings nur, wenn die Eigentümer solche Besichtigungstermine zulassen. Dazu sind sie aber nicht verpflichtet.
Zu Beginn der Versteigerung nennt ein Rechtspfleger beim Amtsgericht das Mindestgebot für die Immobilie; darunter kann kein Gebot bleiben. Er klärt die Interessenten auch über die Grundbucheinträge auf. Wer mitbieten will, muss einen gültigen Ausweis dabeihaben. Wer jemand anderen für sich bieten lassen will, muss eine notariell beglaubigte Vollmacht ausstellen.
Und wann fällt der Hammer? Liegt das höchste Gebot beim ersten Versteigerungstermin bei mehr als 70 Prozent des festgelegten Verkehrswerts, dann geht die Immobilie an den (die) Meistbietende(n). Liegt das Höchstgebot zwischen 50 und 70 Prozent, gilt das nicht: Die Gläubiger könnten den Zuschlag verhindern. Das würden sie dann tun, wenn sie bei einem Zweittermin auf ein hoheres Angebot hoffen dürften. Bei diesem Zweittermin gelten dann aber keine Grenzen mehr. Liegt das Höchstgebot unter 50 Prozent, muss der Rechtspfleger den Zuschlag zum Schutz der Schuldner verweigern.
Die Nebenkosten bei einer Auktion unterscheiden sich kaum von einem gewöhnlichen Immobilienkauf. 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer werden in NRW fällig, ebenso Kosten für die Eintragung ins Grundbuch. Dafür bleiben eden Ersteigerern die Aufwendungen für einen Makler erspart. Das machtoft einen fünfstelligen Betrag aus. Andererseits muss man als Bieter in manchen Fällen eine Sicherheit von zehn Prozent des festgelegten Verkehrswertes hinterlegen.