Chaos bei der Grundsteuer-Erklärung
Über Tage funktionierte Elster, das Online-Portal des Finanzamts, schleppend oder gar nicht. Jetzt läuft es wieder. Aber der Unmut der Bürger, die bis Ende Oktober Daten zu ihrem Grundeigentum übermitteln sollen, ist groß.
Als bekannt wurde, dass Grundeigentümer bis Ende Oktober 2021 eine Erklärung mit Daten zu ihrem Grundeigentum abgeben und dies möglichst online über das Portal Elster machen sollten, war die Aufregung groß. Jetzt herrschen vielfach Ärger und Wut, weil die Finanzbehörden zwar digitale Mitarbeit von den Bürgern erwarten, den Beweis ihrer eigenen Tauglichkeit aber selbst schuldig geblieben sind: Erst funktionierte Elster nur wackelig, dann fiel das System ausgerechnet am Wochenende komplett aus, am Montag wurde die Seite wegen Wartungsarbeiten vorübergehend abgeschaltet. Jetzt läuft sie wieder.
Fazit: Problem behoben. Aber der Ärger bleibt. Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler in NRW, bringt es auf den Punkt: „Wenn man seinen Bürgern abverlangt, eine Erklärung digital zu machen, dann muss die Software auch funktionieren.“ Tat sie aber nicht, weil die IT-Kapazitäten offensichtlich nicht für den Ansturm an Steuerpflichtigen ausreichten. Zumal es ja nicht nur um jene geht, die ihre Daten für die Grundsteuer übermitteln wollten, sondern auch um jene, die am Wochenende ihre Einkommensteuererklärung erledigen wollten.
Das Bayerische Landesamt für Steuern betreibt Elster als bundeseinheitliches IT-Verfahren. Haben die Bayern das Ganze also verbockt? „Die Finanzverwaltungen aller Länder sollten gemeinsam dafür sorgen, dass die IT funktioniert“, so Steinheuer. Dass die Kapazitäten nicht in ausreichendem Maße vorhanden waren, versteht niemand. In NRW allein geht es um etwa 6,5 Millionen Häuser, Wohnungen und Grundstücke, für die die Finanzbehörden nach der Reform der Grundsteuer binnen vier Monaten Angaben verlangen, auf deren Basis ab 2025 die Steuer neu berechnet werden soll.
Dafür müssen die Eigentümer eine Feststellungserklärung abgeben. Aus den Daten wird dann ein Grundbesitzwert ermittelt, der bei der Steuerberechnung den Einheitswert der Immobilie ersetzen wird. Bei allen wurde bisher der Einheitswert auf den 1. Januar 1964 (alte Bundesländer) respektive 1. Januar 1935 (neue Länder) als Berechnungsgrundlage herangezogen. Das ist nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2018 aber verfassungswidrig. Die Werte sind veraltet. Nun rechnen viele ab 2025 mit einer höheren Steuerbelastung, weil die neuen Grundbesitzwerte in vielen Fällen deutlich höher sein dürften als die alten Einheitswerte.
Bundesweit geht es sogar um rund 35 Millionen Immobilien. Also durchschnittlich 8,75 Millionen Erklärungen pro Monat (von Anfang Juli bis Ende Oktober), und somit fast 300.000 Erklärungen im Mittel pro Tag. Dafür war die IT wohl nicht ausgelegt. Eine Sprecherin des Bayerischen Landesamtes für Steuern, das für den bundesweiten Elster-Betrieb verantwortlich ist, erklärte auf Anfrage, dass es am Wochenende weit über 100.000 gleichzeitige Zugriffe gegeben habe. „In der Praxis kam es leider daher bei einigen Nutzerinnen und Nutzern zu temporären Einschränkungen und Störungen“, sagte sie. Es seien technische Wartungsarbeiten durchgeführt worden, das System laufe nun wieder reibungslos und stehe uneingeschränkt zur Verfügung.
Offensichtlich gibt es, was die Zahl der betroffenen Nutzerinnen und Nutzer angeht, in der Wahrnehmung einen deutlichen Unterschied zwischen den Bediensteten der bayerischen Steuerverwaltung und den Grundeigentümerinnen und -eigentümern. So gibt es jede Menge Unmutsbekundungen über das kollabierte System und die IT im Allgemeinen. Andererseits ist das vorübergehend nicht funktionierende Portal nur ein Phänomen, das manchen Steuerpflichtigen sauer aufstößt. Auch die Bürokratie und die Systematik sind vielen ein Dorn im Auge – auch bei Twitter: „Die Grundsteuerreform ist eine Ausgeburt der bürokratischen Hölle Deutschlands“, „Bankrotterklärung der Finanzverwaltung“, „großer Murks“. Worüber sich viele ärgern, ist unter anderem die Tatsache, dass sie den Behörden Daten digital übermitteln sollen, die sie von Behörden analog erhalten haben und die dort vorliegen müssten. „Das ist Deutschlands Digitalisierung“, so ein Twitter-Nutzer. „Die Erklärungen für die Angaben zur Grundsteuer sind für viele Bürger auch nicht klar“, so Steinheuer. Der Steuerzahlerbund habe Tausende Anfragen von Hilfesuchenden aus NRW gehabt. Da nützt es wenig, dass jenen, die ihre Daten nicht online übermitteln können, eine Ausnahme von der Regel meist unbürokratisch zugestanden worden ist.
Es werden Forderungen laut, dass die Frist über Oktober hinaus verlängert wird. „Wir fordern daher eine Verlängerung der Abgabefrist. Damit ist allen Beteiligten geholfen“, hat Helmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, gesagt. Das NRW-Finanzministerium beantwortete eine Anfrage, ob es Überlegungen gebe, die Abgabefrist über den Oktober hinaus zu verlängern, mit dem Satz: „Die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung für die Grundsteuer endet am 31. Oktober 2022.“ Das wiederum ist seit Monaten bekannt.