Auch Immobilien aus Zwangsversteigerungen werden teurer
Eine richtige Schnäppchen-Immobilie schießen? Das ist derzeit kaum möglich. Selbst der Verkehrswert von Objekten, die unter den Hammer kommen, steigt. Was Teilnehmende einer Zwangsversteigerung wissen sollten.
Immobilien aus Zwangsversteigerungen haben den Ruf, besonders preiswert zu sein. Das war schon in der Vergangenheit nicht immer der Fall, jetzt aber halten die Preise oft mit dem übrigen Immobilienmarkt mit. Der Verkehrswert von Objekten, die unter den Hammer kommen, steigt. Und es kommt durchaus vor, dass sich Interessenten aus Mangel an Alternativen gegenseitig so hochbieten, dass der Zuschlag weit über dem Marktwert erfolgt.
„Die Zwangsversteigerung ist eine von mehreren Möglichkeiten, eine Immobilie zu erwerben“, sagt Walter Ruesch, Geschäftsführer des Fachverlags für Wirtschaftsinformation Argetra. Meist handelt es sich um Objekte, deren Eigentümer in finanzielle Notlagen geraten sind und ihre Raten für Haus und Grundstück nicht mehr aufbringen können. Um an ihr ausstehendes Geld zu kommen, leitet die Gläubigerbank dann ein Verfahren zur Zwangsversteigerung ein und die Immobilie kommt unter den Hammer.
Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland sinkt seit Jahren, konstatiert der Fachverlag. Gründe seien die lange Zeit gute Konjunktur und die Niedrigzinsen, die die Last von Krediten für Schuldner niedrig halten.
Im vergangenen Jahr waren im Bundesschnitt 32 von 100.000 Haushalten von Zwangsversteigerungen betroffen, im Jahr davor waren es 36. Nur etwa die Hälfte der eröffneten Verfahren endete vor Gericht. Die anderen betroffenen Immobilien wurden vorher verkauft. „Aber in diesem Jahr erwarten wir mehr Zwangsversteigerungen, da mit der wachsenden Inflation die Zinsen steigen dürften“, sagt Ruesch.
„Da es in vielen Regionen immer schwieriger wird, überhaupt an eine Immobilie heranzukommen, ist die Zwangsversteigerung als Alternative durchaus interessant“, sagt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Wer vorhat mitzubieten, sollte sich aber gut vorbereiten. „interessiert, die Immobilie so teuer wie möglich zu verkaufen.“
Maßgeblich für den später aufgerufenen Mindestpreis ist das Verkehrswertgutachten. Es ist beim Amtsgericht einsehbar. „Das Wertgutachten entspricht der Marktsituation, die ein bis zwei Jahre zurückliegt“, so Walter Ruesch.
„In den letzten Jahren sind die Preise in vielen Regionen gestiegen.“ Da die Gutachten schon vor ein bis zwei Jahren erstellt wurden, lagen der Wertermittlung niedrigere Immobilienpreise zugrunde. „Dann könnte man sogar ein Schnäppchen machen, falls der Verkehrswert bei der Versteigerung nicht wesentlich überboten wird“, so der Experte.
Ausschlaggebend ist aber nicht nur der Verkehrswert, sondern auch eventuelle Eintragungen im Grundbuch, die die Immobilie unattraktiver machen können. „Jeder Interessent ist berechtigt, im Grundbuch nachzuschauen, wie die Immobilie belastet ist“, sagt Rechtsanwalt Holger Freitag vom Verband Privater Bauherren. „Gibt es Wegerechte? Oder gar Wohnrechte? Das kann durchaus ernsthafte Konsequenzen und zusätzlichen Aufwand nach sich ziehen. Ebenso muss geklärt werden, ob Mietverhältnisse bestehen.“
Die größte Unsicherheit für Teilnehmer einer Zwangsversteigerung ist, dass sie gewissermaßen die Katze im Sack kaufen. „Die meisten Bewohner haben wenig Interesse daran, Leute durch ihre Wohnung zu führen“, sagt Holger Freitag. „Eine vorherige Besichtigung des Objekts ist deshalb für die Interessenten schwierig bis unmöglich.“ Darum könne es passieren, dass sich nach dem Zuschlag herausstellt, dass das Gebäude Mängel hat, die den Wert mindern.
Eine Zwangsversteigerung hat ihre eigenen Regeln. Man sollte schon mal als Zuschauer ein paar Termine besuchen, und sich mit dem Ablauf vertraut machen, ehe man ernsthaft ein eigenes Gebot erwägt. „Da sind durchaus Profis im Saal, die sich bestens mit dem Markt auskennen und wissen, wie sie am besten zum Zug kommen“, sagt Julia Wagner.
Das Prozedere hat durchaus etwas von einem Pokerspiel: Beim ersten Termin der Zwangsversteigerung darf für Gebote, die unterhalb von 50 Prozent des Verkehrswertes liegen, kein Zuschlag erteilt werden. Bleibt das Höchstgebot unter 70 Prozent, kann der Gläubiger den Verkauf ablehnen. Wer die Immobilie unbedingt haben will, wird da unter Umständen schon höher bieten, um sie auch sicher zu bekommen.
Wer aber starke Nerven hat und günstig kaufen will, wartet auf den zweiten Termin. Dann fallen die Wertgrenzen weg, die Immobilie wird an den Meistbietenden versteigert. Da kann man Glück haben, wenn nur wenige Bewerber mitsteigern. Oder Pech, wenn die Immobilie am Ende doch nicht so viel wert ist, wie das Verkehrsgutachten angab. „Auch Gutachter können daneben liegen“, sagt Holger Freitag. „Denn auch sie dürfen die Immobilie vorher nicht ohne Zustimmung der Eigentümer besichtigen.“
Zum Termin der Zwangsversteigerung ist eine Sicherheitsleistung in Höhe von zehn Prozent des Verkehrswertes zu hinterlegen. Bis Ende 2007 konnte diese Summe in bar gezahlt werden. Weil es aber Raubüberfälle gegeben habe, werden seitdem ausschließlich unbare Zahlungen akzeptiert wie Bundesbarschecks oder Überweisungen, sagt Freitag.
Schon die Höhe dieser Sicherheitsleistungen, die bei einem Verkehrswert von beispielsweise 400 000 Euro immerhin 40 000 Euro beträgt, macht deutlich, dass Interessenten sich rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin um die Finanzierung ihres Immobilienerwerbs kümmern müssen.
„Der Kaufpreis wird innerhalb weniger Wochen nach dem Zuschlag fällig“, sagt Walter Ruesch. Etwa sechs bis acht Wochen nach der Zwangsversteigerung kommt es zum Verteilungstermin, an dem die Forderungen der einzelnen Gläubiger bezahlt werden müssen. „Kann der neue Eigentümer die Summe nicht überweisen, geht das Objekt gleich wieder in die Zwangsversteigerung. Und dann ist der Ersteigerer der neue Schuldner“, sagt Ruesch.
Zur Finanzierung der Immobilie sollte der Interessent rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin bei seiner Bank einen Antrag auf Auszahlung eines langfristigen Darlehens stellen. Das muss aber unter Vorbehalt geschehen, damit er nicht auf dem Kredit sitzen bleibt, falls er am Ende doch nicht den Zuschlag bekommt.