Kaufen weiter günstiger als mieten : Was man beim Immobilienerwerb beachten sollte
Von Reinhard Kowalewsky
Köln Mieten oder kaufen? Diese Frage stellen sich gerade in der Corona-Krise viele Bürger. Dabei zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, dass es sich in der Region trotz häufig deutlich gestiegener Preise für Häuser und Wohnungen oft doch lohnt, Eigentümer statt Mieter zu werden. Die dauerhaften Preisvorteile zeigen sich laut der Studie bundesweit in 393 von 401 deutschen Landkreisen, ebenso in fast allen Städten und Landkreisen von NRW. In Düsseldorf, Köln, Bonn und Aachen liegen die Kosten einer Eigentumswohnung trotz deutlich angezogener Preise jeweils um rund 60 Prozent niedriger als das Mieten einer entsprechenden Wohnung. Aber auch in den Speckgürteln rund um die Städte sind die Pluspunkte für Eigentümer deutlich: Im Landkreis Mettmann haben Käufer einen 53-prozentigen Vorteil gegenüber Mietern, im Rheinkreis Neuss sind es 26,3 Prozent, im Rhein-Sieg-Kreis fast 40 Prozent.
Einziger Grund für den Vorteil sind die weiter sehr niedrigen Zinsen. Aktuell ist Baugeld mit zehn Jahren Laufzeit für unter einem Prozent Zinssatz zu erhalten, bei 20-jähriger Laufzeit sind 1,24 Prozent laut dem Finanzportal FMH fällig. Vor drei Jahren wurden noch mehr als zwei Prozent aufgerufen. „Die Zentralbanken sorgen für weiter extrem niedrige Zinsen, gerade weil sie wegen der Corona-Krise die Konjunktur ankurbeln wollen“, sagt Michael Voigtländer, Immobilienexperte beim IW.
In der Studie wird ein dauerhafter Zinssatz von 1,535 Prozent angenommen. Ein Prozent des Kaufpreises geht jedes Jahr in Instandhaltung. Zwei Prozent des Wertes werden als jährliche Abschreibung kalkuliert, wobei Voigtländer empfiehlt, diese Summe in die Tilgung zu stecken. „Beim Vergleich der reinen Wohnkosten haben wir die Tilgung nicht aufgenommen, weil Tilgen ein langfristiger Vermögensaufbau ist, der bei Mietern per Definition sowieso nicht stattfindet. Aber wenn Käufer pro Jahr die Abschreibung und zwei Prozent des Preises in die Tilgung stecken, sind sie nach weniger als 25 Jahren schuldenfrei.“
Das IW und andere Experten raten trotzdem nicht zu einem blinden Kauf von Immobilien. „Es kommt auf den Einzelfall an“, sagt Thomas Abraham vom Forschungsinstitut Empirica in Bonn. „Wenn eine Familien von einem bestehenden günstigen Mietvertrag profitiert, dann lohnt sich für sie der Kauf einer Immobilie viel weniger als für Bürger, die einen teuren, neuen Mietvertrag als Alternative haben.“
Zudem hängt viel davon ab, ob die Käufer genügend Eigenkapital mitbringen. Denn wirklich niedrige Zinsen gibt es nur, wenn rund 20 Prozent eigene Mittel mitgebracht werden, sonst drohen Aufschläge von mindestens 0,4 Prozentpunkten oder gar die Ablehnung des Kreditwunsches. Der Essener Makler Roger Bendler von der Firma Van der Meulen rät darum dazu, sich das nötige Kapital auch in der Verwandschaft zu besorgen „Viele Familien in der Mittelschicht unterstützen die junge Generation, indem es einen Zuschuss beim Immobilienkauf gibt.“ Voigtländer sieht das kritisch: „Es ist traurig, wenn neue Immobilienbesitzer weit überwiegend Kinder von Eltern sind, die auch schon eine Immobilie haben. Der Staat sollte weniger wohlhabenden Familien Nachrangdarlehen zur Verfügung stellen, die dann als Eigenkapital gelten können.“
Auch Lage und gute Gelegenheit sind wichtig. Die Studie geht davon aus, dass sich der Preis einer Immobilie auch rechnet, weil mit einem Wertzuwachs in gleicher Höhe wie in den vergangenen 15 Jahren zu rechnen sei - maximal drei Prozent. „Das mag in vielen Lagen eine realistische Erwartung sein“, sagt der Düsseldorfer Makler Wulff Aengevelt, „aber in weniger attraktiven Lagen wie abseits der Großstädte könnte es auch nach unten gehen.“ Er prognostiziert aktuell eher steigende Preise: „Die Bauträger schaffen es nicht, genügend neue Projekte voranzutreiben, auch weil die Banken vorsichtig sind. Das treibt die Preise hoch.“ Käufer mit viel eigenem Geld könnten aber Schnäppchen machen: „Bargeld ist König. Bürger, die in der aktuellen Krisenstimmung eine schnelle Zahlung garantieren, können eventuell einen schönen Nachlass aushandeln. Denn viele Verkäufer fürchten sinkende Preise, falls sich die Lage weiter verschlechtert.“
Käufer müssen auf jeden Fall ihre persönliche Lage analysieren. Für diejenigen, die wie beispielsweise viele Lehrer sicher sind, noch viele Jahre am gleichen Ort zu bleiben, ist ein Kauf attraktiver als für Jungakademiker in der freien Wirtschaft, die bei einem Jobwechsel umziehen müssten. Voigtländer: „Um die Kaufnebenkosten für Notar, Grundbucheintrag, Makler und 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer wieder rein zu holen, muss ich einen Preisaufschlag von rund zwölf Prozent in NRW erreichen. Wenn ich das nicht schaffe, mache ich bei einem schnellen Verkauf Verlust.“ Seine Forderung: „NRW sollte die Grunderwerbssteuer wieder deutlich senken, weil sie vom Hauskauf abschreckt und Mobilität im Berufsleben erschwert.“