Fragen und Antworten: Banken fordern mehr Bauzinsen - was Immobilienkäufer jetzt wissen sollten
Von Reinhard Kowalewsky
Düsseldorf Viele Jahre lang gab es bei Baugeld eine Konstante: Bei jeder Zinssenkung warnten Banken davor, es werde bald wieder aufwärts gehen. Jetzt passiert dies tatsächlich: Am 27. April gab es viele Zehn-Jahres-Kredite noch für 0,6 Prozent Jahreszins oder günstiger, aktuell meldet das Finanzportal FMH einen Durchschnittszins von 0,93 Prozent, aber manchmal werden 1,5 Prozent verlangt. Wir beantworten Fragen zur Zinsentwicklung.
Sind dauerhaft höhere Zinsen sicher? Die Preissteigerung könnte bis Ende des Jahres zeitweise auf vier Prozent steigen, sagt die Bundesbank, doch danach sei wieder mit einer „Normalisierung“, also nicht mehr als zwei Prozent, zu rechnen. „Die Inflationsgefahr wird zu niedrig geschätzt“, vermutet dagegen Mohamed El-Erian, Chefberater der Allianz. Viele Rohstoffe seien knapp, die Löhne würden zulegen, die anziehende Konjunktur würde die Preise weiter anheizen. Zumindest der Zins für 20 Jahre lang laufende Baukredite liegt aber noch immer unter zwei Prozent. „Machen wir uns nichts vor“, sagt der Düsseldorfer Makler Wulff Aengevelt, „wir haben einen leichten Aufwärtstrend im Kreditmarkt, das Risiko einer Aufwärtsentwicklung bei Zinsen ist nicht zu leugnen.“
Was können Schuldner tun? „Sie sollten sich jetzt die aktuell günstigen Zinsen sichern“, sagt Aengevelt. Bürger sollten einen Forward-Kredit abschließen, um den jetzigen Kredit in einem bis vier Jahren mit einem bereits jetzt vereinbarten Zinssatz abzulösen. Laut dem Verbraucherportal Biallo.de beträgt der Zinssatz für einen in einem Jahr startenden Zehn-Jahres-Kredit in Höhe von 100.000 Euro mindestens 0,8 Prozent, wobei viele Anbieter aber auch viel mehr verlangen. Ein Kredit, der erst in zwei Jahren beginnt, kostet 0,86 Prozent, mehr als ein Prozent muss in Wahrheit doch bezahlt werden. Mit einem Starttermin in vier Jahren kostet ein solcher Kredit dann beispielsweise bei der ING Bank 1,49 Prozent. „Das muss der Kunde abwägen“, sagt Sebastian Schick, Chefredakteur von Biallo.de, „gegenüber vielen jetzigen Angeboten sind knapp 1,5 Prozent ja schon relativ viel. Anderseits hat der Kunde so eben Klarheit bei der Planung und ist vor noch stärkeren Aufschlägen geschützt.“
Was sollten Neukäufer tun? Ihnen ist zu raten, einen gestaffelten Kredit aufzunehmen: Ein Teil des Kredits könnte mit nur fünf Jahren Laufzeit abgeschlossen werden. Für dieses Paket sind dann nur 0,5 Prozent Zinsen fällig, zeigt das Finanzportal FMH. Dieser kleine Teil des Kredits sollte dann aber auch innerhalb der fünf Jahre fast ganz getilgt werden. Beim Rest des Kapitals sollten die Käufer auf Sicherheit setzen: Bei Standardverträgen mit zehn Jahren Laufzeit werden im Schnitt 0,93 Prozent Zinsen im Durchschnitt verlangt, bei 20 Jahren Laufzeit sind es 1,42 Prozent im Schnitt. „Das ist noch immer ein sehr niedriges Niveau“, sagt der Immobilienexperte Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). „Es spricht also einiges dafür, einen großen Teil des Darlehens deutlich länger als zehn Jahre zu vereinbaren.“
Wie wichtig ist Eigenkapital? Je stärker die Zinsen steigen, umso bedeutsamer wird ausreichend eigenes Geld, um individuell doch noch optimale Bedingungen auszuhandeln. Makler Aengevelt rät dazu, mit Eltern und Großeltern zu sprechen, ob diese einen Zuschuss geben, um das Finanzpolster aufzupeppen. „Auf der Bank bringt das Geld ja sowieso keinen Ertrag“, sagt er, „aber wenn es die Zinslast senkt, ist das für die jüngere Generation eine große Hilfe.“ Eine Modellrechnung: Wenn beim Kauf einer 300.000 Euro teuren Wohnung 75.000 Euro an Eigenkapital mitgebracht werden, müssen erst einmal für diese 75.000 Euro keine Zinsen und keine Tilgung bezahlt werden. Hinzu kommt: Würde die Immobilie ganz ohne Eigenkapital finanziert, würde dies einen Aufschlag von 0,5 Prozent auf den Kredit kosten. Der Einsatz von 75.000 Euro eigenem Geld senkt so auf die restlichen 225.000 Euro die Zinsen pro Jahr um knapp 1200 Euro.
Ist der Traum vom Eigenheim angesichts steigender Zinsen und der explodierten Preise nun ausgeträumt? „Nein, das Zinsniveau ist noch immer historisch niedrig“, sagt IW-Experte Voigtländer. „Wenn Menschen länger in einer gekauften Immobilie bleiben, ist das weiterhin oft günstiger als dauerhaft zu mieten.“ Denn noch immer seien die reinen Zinsen für eine Immobilie meist deutlich niedriger als Miete. „Wenn dann schnell getilgt wird, ist der Käufer relativ sicher vor den Folgen möglicher höherer Zinsen in der Zukunft.“