Kolumne

Nach der Party ist vor der Party

Auf dem Immobilienmarkt herrschte im vergangenen Jahr Krisenstimmung. Die war allerdings nicht überall und immer berechtigt. Die Wissenschaft weist darauf hin: Der Mensch unterliegt in seinen Entscheidungen vielfachen Einflüssen, die auch zu systematischen Denkfehlern führen können. Das sollten wir dieses Jahr nicht wiederholen.

Wer kennt es nicht, das Gefühl der Ausgelassenheit, wie es uns während des Karnevals oder einer Party erfüllt? Ein Fest der Freude, wo die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Eine vergleichbare Stimmung herrschte auf dem Immobilienmarkt bis Ende 2021. Eine Preisralley, angefeuert durch günstiges Kapital. Dies rief auch TeilnehmerInnen auf die Tanzfläche, die vormals geringe Erfahrung im Immobiliengeschäft hatten und das gute Geschäft witterten. Doch die Party neigte sich dem Ende entgegen. Manche ahnten es schon, andere traf die Katerstimmung mit voller Wucht. Insbesondere die Zinssteigerungen, aber auch regulatorische Unsicherheiten, führten seit Anfang 2022 zu einer raschen Wende in einen neuen Immobilienzyklus. Die Verhaltensökonomie befasst sich seit vielen Jahrzehnten, mitunter mit der Herdenmentalität, bei der Menschen dazu neigen, sich den Handlungen und Meinungen der Masse anzuschließen, anstatt unabhängige Entscheidungen zu treffen. Dies kann zu einer verstärkten Überreaktion führen. Große Wissenschaftler wie der Nobelpreisträger Daniel Kahneman oder Richard Thaler haben zu diesen Phänomenen geforscht. Der Mensch unterliegt in seinen Entscheidungen vielfachen Einflüssen, die auch zu systematischen Denkfehlern (Biases) führen können. Bleiben Sie also skeptisch, und erkennen Sie Ihre Chancen, indem Sie die Aussagen und das Verhalten der Mehrheit infrage stellen! Denn wir alle wissen: Der nächste Karneval kommt bestimmt!

Lorenz Härtl

Der Dipl.-Immobilienökonom (ADI) ist Gründer und Geschäftsführer des Maklerunternehmes „schlauer verkaufen“.