Lebensraum statt Spekulationsgut
Das einstige „Betongold“ der Deutschen verliert an Glanz: Steigende Zinsen, hohe Baukosten und stagnierende Preise zeigen, dass Wohnen nicht immer ein lohnendes Investment ist. Statt Rendite rücken Lebensqualität, Energieeffizienz und Werterhalt wieder in den Vordergrund – Immobilien werden zunehmend wieder zu dem, was sie ursprünglich waren: Lebensraum.
Wohnimmobilien galten lange als das „Betongold“ der Deutschen. Doch dieser Nimbus bröckelt. Steigende Zinsen, hohe Baukosten und stagnierende Preise zeigen: Wohnen ist nicht immer ein lohnendes Investment. Die Wohnfläche pro Kopf ist seit den 1950er-Jahren von rund 20 auf fast 50 Quadratmeter gestiegen – Ausdruck wachsenden Wohlstands, aber auch steigenden Konsums. Gerade selbst genutztes Eigentum liefert oft nur geringen ökonomischen Nutzen und bindet Kapital, das an den Finanzmärkten produktiver arbeiten könnte. Im Vergleich zu Aktien, Kryptowährungen oder Gold haben Immobilien zuletzt an Attraktivität verloren. Hinzu kommen Illiquidität, Instandhaltungskosten und regionale Preisrisiken – Aspekte, die den Investmentcharakter relativieren. Damit rückt Wohnen wieder näher an seine ursprüngliche Funktion: Lebensraum statt Spekulationsgut. Wenn Renditeerwartungen sinken, treten Lebensqualität, Energieeffizienz und Werterhalt stärker in den Vordergrund. Dies ist sehr herausfordernd für die Immobilienwirtschaft, da ökonomische Anreize für Projekte geringer werden. Die entgangene Rendite muss schließlich getragen werden – entweder durch Haushalte, die höhere Eigenmittel einsetzen, oder durch die öffentliche Hand, die bezahlbaren Wohnraum fördert. Immobilien bleiben ein zentraler Bestandteil der Vermögensbildung, aber nicht jeder Quadratmeter ist ein Investment. Manchmal sind sie schlicht Lebensqualität und erzählen Geschichte.
Lorenz Härtl
Der Autor ist Gründer und Geschäftsführer des Maklerunternehmes „Schlauer verkaufen“.