Kolumne

Das Land braucht einen Ruck

Um den Wohnungsbau gerade auch in den Städten voranzutreiben, bedarf es dringend einer Änderung des Mindsets. Ein Staat, der sich selbst – und damit auch die Bauherren und die Mieter – mit zu vielen Vorschriften und Vorgaben finanziell überfordert, kann die Zukunftsprobleme im Wohnungsbau nicht lösen.

Es ist schon 27 Jahre her, dass der verstorbene Bundespräsident Roman Herzog seine berühmte Rede vom Ruck gehalten hat, der durch Deutschland gehen müsse. Schon nach einer Minute kritisierte er die deutsche Regulierungsgründlichkeit beim Neubau eines Einfamilienhauses, das deswegen in Deutschland doppelt so teuer sei wie in den Niederlanden.

Diese Kostenunterschiede bestehen leider immer noch und ebenso die Regulierungswut. In Zeiten niedriger Zinsen wurden Bauvorschriften verschärft und relevante technische Regeln vermehrt. Immer mehr Beschäftigte im Bauhauptgewerbe stellen immer weniger Wohnungen her. Die ohnehin schon hohen Baukosten sind in fünf Jahren um 44 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise dagegen nur um 19 Prozent. Die niedrigen Zinsen überdeckten die erhöhten Baukosten, was nun mit dem gestiegenen Zinsniveau nicht mehr funktioniert. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Ziele der Bundesregierung zur Baufertigstellung von 400.000 Wohnungen jährlich erneut verfehlt werden. Künftig werden noch weniger Wohnungen fertiggestellt werden, da die Zahl der Baugenehmigungen noch viel deutlicher zurückgegangen ist als die der Baufertigstellungen.

Um den Wohnungsbau gerade auch in den Städten voranzutreiben, bedarf es dringend einer Änderung des Mindsets. Ein Staat, der sich selbst – und damit auch die Bauherren und die Mieter – mit zu vielen Vorschriften und Vorgaben finanziell überfordert, kann die Zukunftsprobleme im Wohnungsbau nicht lösen.

Dr. Werner Fliescher

Der Autor ist Vorstand von Haus & Grund Düsseldorf und Umgebung.