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Die große Gesundheitskur für Düsseldorfer Immobilien

Immobilien müssen sich nachhaltig entwickeln, sonst fallen sie bei potenziellen Käufern und Mietern bald durchs Raster. Die Energie- und CO2-Bilanz müssen stimmen.

Der Immobilienmarkt hat sich im zweiten Jahr der Pandemie wieder erholt, aber ist noch nicht ganz so stark wie früher (siehe Info). Langfristig gibt es einen Großtrend, der viele Investitionen auch bei Gebäuden auslösen wird, die in einem guten Zustand sind und bei denen man noch nicht von einem großen Sanierungsbedarf ausgehen würde. Dieser Trend läuft unter der Abkürzung ESG und zielt vor allem auf die nachhaltige Leistungsfähigkeit eines Gebäudes ab. ESG ist in der Branche so virulent, dass es zum Hauptthema beim Jahresgespräch der Immobilienmakler von Aengevelt wurde. „Wir haben Kunden, die nur noch nach Gebäuden suchen, die ESG-fit sind“, so Firmenchef Wulff Aengevelt.

ESG bezieht sich auf die Formel „Environmental, Social & Governance“. Das nachhaltige Investieren ist ein strategisches Ziel in vielen Unternehmen geworden und steht deswegen ganz oben auf der Agenda der Immobilienbranche. Ausgelöst wird der Druck beim Großthema Energieverbrauch und CO2-Reduktion durch die Pariser Klimaziele. Deutschland will 2045 klimaneutral sein, Europa als erster Kontinent fünf Jahre später. Ein solches Ziel soll kein rosa Blütentraum bleiben, es wird regulatorisch und durch Gesetze zunehmend intensiver verfolgt. Weil das so ist und immer mehr Wert darauf gelegt wird, in „guten“ Gebäuden zu sitzen oder sie zu besitzen, wird bei Bestandsimmobilien kritischer hingeschaut. Wer nicht aufpasst, hat statt eines Top-Gebäudes in einigen Jahren plötzlich ein „stranded Asset“ im Portfolio, das sich kaum vermarkten lässt.

Aengevelt hatte zur Vertiefung dieses Thema Ramona Schalek zugeschaltet, die beim Tüv Rheinland Key-Account-Managerin für Nachhaltigkeit ist und Spezialistin für das Prüfmanagement von Immobilien. Sie spielte anhand eines 13-stöckigen Hochhauses in guter Frankfurter City-Lage – ein tatsächlicher Auftrag für den Tüv – die Situation durch. Der Turm hat 24.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, ist 2017/‘18 revitalisiert worden und hat eine goldene LEED-Zertifizierung. LEED bedeutet „Leadership in Energy and Environmental Design“ und ist ein international anerkanntes Zertifizierungssystem für ökologisches Bauen.

Nicht schlecht also, dieses Hochhaus, denkt man. Tatsächlich aber ist einiges zu investieren, um den neuen Ansprüchen zu genügen, sonst läuft das Objekt Gefahr, 2028 zum „stranded Asset“ zu werden. Der Tüv hat einen Investplan für den Turm aufgelegt, der vom Tausch der Fenster und der Kältemaschinen bis zur Verbesserung der Regeltechnik und einer Photovoltaikanlage auf dem Dach reicht. Weil das Haus in summa gut in Schuss ist, belaufen sich die Ausgaben „nur“ auf 1,2 Millionen Euro, die in den kommenden 20 Jahren ausgegeben werden können.

Das wären lediglich 50 Euro pro Quadratmeter, eine Summe, die für den Eigentümer verkraftbar ist. Hinzu kommen jedoch Dokumentationskosten etc., die heute bei vielen Immobilien noch nicht anfallen. Was genau wann eingebaut wurde, gehört aber dazu, wenn der Lebenszyklus eines Gebäudes geplant und überwacht werden soll.

2048 wäre das Frankfurter Hochhaus dann nicht nur klimaneutral, sondern könnte auch Energie erzeugen. In der Diskussion ist, in solchen Fällen wie in anderen Bereichen auch einen Zertifikatehandel zuzulassen. Dieser wäre wie der Anspruch, ESG-fit zu werden, ein Treiber für Investitionen und nachhaltige Immobilien. Die Entwickler stellen sich darauf ein, aber auch die Nutzer. Entweder soll es gleich ein ESG-konformes Gebäude sein oder aber ein ambitioniertes Projekt. „Ein Kunde verlangt aktuell, dass im Mietvertrag verankert wird, dass zehn Prozent seiner Miete in ESG-Investitionen fließen“, so Aengevelt, „sonst kommt der Vertrag nicht zustande.“

Ein Objekt, das mit Blick auf ESG in Düsseldorf vor einer genaueren Betrachtung stehen dürfte, ist beispielsweise das GAP 15 am Graf-Adolf-Platz. Das rund 90 Meter hohen Hochhaus gehört zu den schönsten seiner Art in der Landeshauptstadt und hat 24 Geschosse, zudem gehört ein fünfstöckiger Flachbau hinzu. Anfangs hatten die Unternehmensberater von Ernst & Young (E&Y) die 43.000 Quadratmeter BGF fast komplett belegt, heute ist es nur noch rund die Hälfte, von der wiederum ein Teil untervermietet wird. 2025 verlässt E&Y das Gebäude komplett und zieht ins dann hochmoderne Pandion Rise am Hafen. Das GAP 15 ist dann 20 Jahre alt und wird sich auf dem Markt behaupten müssen. Für den Eigentümer Deka wird eine komplette Bestandsaufnahme und ein Investplan wahrscheinlich, jedenfalls ahnt das der Marktexperte Aengevelt.