<p>Mehr Kosten oder mehr Nutzen? Das Thema Nachhaltigkeit führte zu intensiven Diskussionen beim Roundtable</p> 
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Mehr Kosten oder mehr Nutzen? Das Thema Nachhaltigkeit führte zu intensiven Diskussionen beim Roundtable

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Autor: Jürgen Grosche -

Nachhaltigkeit: Kosten und Bürokratie schrecken Investoren ab

Immobilienbesitzer und Projektentwickler sind sehr an nachhaltigem Bauen interessiert – trägt es doch auch zu geringeren Verbrauchskosten bei. Immobilienexperten beklagen aber lange und aufwändige Genehmigungsverfahren. Zudem kommt der finanzielle Aufwand auf die ohnehin schon hohen Baukosten obendrauf. Worauf es jetzt ankommt, darüber tauschten sich die Spezialisten beim RP-Roundtable aus.

Auf vielen Gebieten des Lebens und der Wirtschaft sind die Menschen aufgefordert, noch mehr zu tun, um den Klimawandel aufzuhalten oder zumindest zu bremsen. Nachhaltigkeit lautet das Stichwort, das durch den Ukraine-Krieg noch an Dramatik gewonnen hat. Die steigenden Preise für fossile Energieträger erhöhen den Druck, auf alternative Energien umzusteigen und Energie zu sparen. Natürlich ist das ein Thema, das die Immobilienwirtschaft, Eigentümer und Mieter ebenfalls interessiert und das deswegen auch beim Roundtable „Düsseldorfer Immobilienprojekte“ einen Schwerpunkt hatte.

Klaus  Franken (Catella Project Management) bedauert allerdings, dass Marktteilnehmer häufig nur über einzuhaltende Regulierungen klagen. „Wir müssen dies aus Eigenantrieb verfolgen. Nachhaltigkeit hat bei unseren Projekten einen hohen Stellenwert, nicht wegen der Vorschriften oder weil Maßnahmen gefördert werden, sondern weil es wirtschaftlich attraktiv ist.“ Als Beispiel nennt Franken das Catella-Projekt „Seestadt“. Die nachhaltige Bauweise mache das Projekt nicht nur „gas- und fossil-frei“, sondern senke auch die Heizkosten für die Mieter um über 30 Prozent – und da sind die aktuellen Preissteigerungen für Gas noch gar nicht eingerechnet.

Vermarkter können Nachhaltigkeit als einen wesentlichen Pluspunkt im Marketing nutzen, ist Andreas Mauska (Grafental) überzeugt. „Je mehr Ideen realisiert werden, desto besser ist ein Immobilienobjekt am Markt zu platzieren.“ Allerdings müssten Projektentwickler wegen der steigenden Kosten „zurzeit spitz rechnen“.

Man dürfe eben auch nicht alles auf die Immobilienwirtschaft und die Erwerber abwälzen, mahnt Thomas Schüttken (Böcker-Wohnimmobilien). Er sieht auch die Politik in der Pflicht, etwa bei der Stadtplanung. Sie könnte zum Beispiel für mehr Flächenentsiegelungen sorgen und so auch Klimabeiträge fördern. Hier seien gesamtgesellschaftliche Anstrengungen nötig. „Es ist allerhöchste Zeit“, aber die schnelle Einführung von  Homeoffice in der Corona-Zeit oder ein hundert Milliarden Euro schweres „Sondervermögen Bundeswehr“ würden ja zeigen, dass Umbrüche schnell möglich sind.

Nicht nur beim Neubau geht es um nachhaltige Bauweise, auch bei Sanierungen. Holger  Knille (Stadtsparkasse Düsseldorf) stellt hier eine steigende Nachfrage nach Finanzierungen von Modernisierungsleistungen fest. Investoren seien daran interessiert, die Gesamtkosten, also nicht nur die Baumaßnahmen, sondern auch die laufenden Kosten, möglichst niedrig zu halten.

Dass es dabei oft nicht so schnell geht wie erhofft, liege auch am Fachkräftemangel im Handwerk, merkt Dr. Johann Werner Fliescher (Haus & Grund) an. Mit der Zeit steigen dann die Kosten weiter. Jetzt kommen steigende Zinsen dazu. Gleichzeitig sollen die Mieten nicht steigen – Immobilienbesitzer seien also gleich von mehreren Seiten unter Druck, sagt Fliescher. Er fordert, bürokratische Hemmnisse abzubauen und die Lasten zwischen Staat, Mietern und Vermietern zu verteilen – „das kann nicht einer allein schultern“.

Grundsätzlich ist das Interesse am nachhaltigen Bauen hoch, bestätigt Thomas Trendelkamp (BPD Immobilienentwicklung) die Einschätzung der Diskussionsteilnehmer. Als Beispiel nennt er den kooperativen städtebaulichen Wettbewerb “Park Ludenberg“ an der Blanckertzstraße, an dem die Bevölkerung intensiv beteiligt wurde. „Ein Entwurf mit zahlreichen ökologischen und sozialen Komponenten fand besonderes Interesse.“ Die Menschen wollen wissen, ob mit dem vorhandenen Baumbestand schonend umgegangen wird, wie die Energieversorgung geplant ist und welche Baumaterialien verwendet werden. Allerdings beklagt Trendelkamp Unsicherheiten, mit denen sich Projektentwickler auseinandersetzen müssen. Als Beispiel nennt er den unerwarteten Stopp der KfW-Förderung im Januar.

Klaus Franken weist auf ein weiteres Problem hin: Viele Altbauten können nicht einfach und hinreichend ertüchtigt werden. Das spiegelte der Markt bislang nicht wider, denn die Preisunterschiede zwischen Bestands- und Neubauten waren zusammengeschrumpft. „Das wird jetzt vorbei sein. Steigende Nebenkosten senken das Mietertragspotenzial, Regulierungen werden den Druck erhöhen und alte Bestände werden massiv an Wert verlieren. Anleger sind gut beraten, jetzt umzuschichten von ,alt‘ in ,neu‘, rät Franken. Zur Nachhaltigkeit trägt auch eine Umnutzung etwa von Büro- zu Wohnraum bei. Denn Abriss und Neubau tragen viel zu einer negativen CO2-Bilanz bei. Dass es auch anders geht, zeigen Projekte wie das „Cocoon“ an der Graf-Recke-Straße. „Hier wurden 6500 Tonnen CO2 eingespart“, erklärt Thomas Schüttken. „Förderung im Bestand ist wichtig“, betont Dr. Fliescher, schränkt allerdings ein: „Der Wille ist da, die Hemmnisse aber auch.“ Als Beispiel nennt Fliescher Photovoltaik-Anlagen. Deren Lieferung dauere durchaus sechs Monate, die Genehmigung dann ebenso lange. Gesetze und Genehmigungsverfahren zum Beispiel für Mieterstrom müssten darauf angepasst werden, die Abläufe zu beschleunigen.

„Die Genehmigungsverfahren sind das größte Problem“, bestätigt Stefanie Anna Adams (Eckehard Adams Wohnungsbau). Einige Projekte stecken nach ihrer Beobachtung deswegen zwei, manche auch bis zu vier Jahre in der Bürokratieschleife. Erdwärmepumpen hätten eine Lieferzeit von einem Jahr, und dann warte man noch auf die Handwerker. Das seien schlechte Voraussetzungen für eine zuverlässige Planung.

Privatinvestoren schrecke das alles ab, fügt Tobias Kotzorek (Ralf Schmitz GmbH) hinzu. „Sie haben Angst vor unabsehbaren Folgen.“ Eine Vielzahl von Auflagen belaste die Investoren. Sie müssten ihre Kalkulationen langfristig planen. Wenn sich dann die Rahmenbedingungen kurzfristig ändern, verunsichere das die Menschen.

Prinzipiell ist die Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit hoch, beobachtet Matthias Spormann (Spormann Real Estate). „Unsere Kunden sind daran interessiert. Da aber die Bauprojekte an sich schon teuer sind, sind sie nicht unbedingt bereit, einen noch höheren Kaufpreis für Dinge, die ,lediglich‘ der Nachhaltigkeit dienen, zu finanzieren.“ Das Interesse steige indes deutlich, wenn Maßnahmen eine Kostenersparnis in der Bewirtschaftung der Immobilie, beispielsweise durch eine automatische Paketstation statt eines Concierges, bringen.

Stefanie Anna Adams stellt ebenfalls fest: „Kunden entscheiden sich für Erdwärme und Photovoltaik, weil sie eine deutliche Kostenersparnis erwarten.“ Ist der Nutzen direkt weniger spürbar, zum Beispiel bei Dämmungen, sinke auch das Interesse.

Der Immobilienfinanzierer Hüttig & Rompf begleite viele Privatbesitzer, die in ihre Bestandsimmobilien investieren wollen, erklärt Patrick Specke und stellt Ähnliches fest wie die anderen Experten der Runde: „Die Besitzer sind bereit zu investieren. Die hohen Kosten schrecken aber ab.“ Insbesondere dann, wenn sie auch mit Krediten finanziert werden sollen. Denn dann komme noch ein hoher Aufwand für die Prüfung der Investitionen hinzu. Hier wünscht sich Specke eine Unterstützung durch die KfW in dem Sinne, dass kürzere Prüfstrecken möglich seien.

Holger Knille erwähnt hier Bemühungen der Bankenaufsicht, Banken eine günstigere Refinanzierung zu ermöglichen, um nachhaltige Investitionen zu beschleunigen. Knille kennt auch aus dem Markt Angebote von Fintechs, die Lösungen für Verbraucher anbieten, die die Investitionen greifbarer und besser handhabbar machen.

Andreas Mauska bestätigt zwar die Beobachtung der Expertenrunde, dass Kosten und Bürokratie abschreckend auf die Immobilienbesitzer wirken. Er kennt aber auch Fälle zum Beispiel aus Düsseldorf-Ludenberg, bei denen die Sanierungen von Flachdächern zügig abgewickelt wurden. Die Serviceagentur Altbausanierung der Stadt (Saga) habe gut beraten – „es hat alles hervorragend funktioniert“.

Bleibt zu hoffen, dass solche Beispiele Schule machen, denn – darin sind sich die Immobilienspezialisten einig: Nachhaltigkeit bleibt eines der drängendsten Themen für die nächsten Jahre.